Die Fayence- und Steingut-Manufaktur Hubertusburg

Der Siebenjährige Krieg wütete bis 1763 in Sachsen, mit dem Friedensvertrag von Hubertusburg wurden nicht nur in Europa die kriegerischen Handlungen dieses Kriegskonfliktes beendet. Das Kurfürstentum Sachsen ging allerdings verschuldet daraus hervor. Schloss Hubertusburg war verwaist und stark beschädigt. Um das Schloss vor dem Verfall zu bewahren, verfügte Kurfürst Friedrich August III., die Gebäude notdürftig instand zu setzen und wieder zu nutzen.

Hubertusburger Steingut, Foto: M. John

Für Erfindungen und Verbesserungen setzte das Land Prämien aus. Zwischen 1763 und 1800 wurden in Sachsen 150 Manufakturen genannt. In dieser Zeit wandte sich der Maler der Meißner Manufaktur und erfahrene Keramiker Tännich an den kurfürstlichen Hof mit der Bitte um Unterstützung, ein dem Delfter Fayence ähnliches Erzeugnis weiter zu entwickeln. Er brachte bereits reiche Erfahrungen aus Straßburg, Frankenthal, Ostfriesland, Jever und Kiel mit. Der Kurfürst erlubte 1770 die Gründung einer Fabrik im Schloss Hubertusburg und gestattete Tännich die Nutzung der kurfürstlichen Poststraßen. Die Fabrikation fand allerdings unter Bedingungen der Porzellanmanufaktur Meißen statt. Diese hatten im verarmten Sachsen Probleme, ihre hochwertige Ware zu verkaufen, da man auf billigere Ware außerhalb Sachsen zurückgriff. Auf der Hubertusburg konnte Meißen die Produktion billigerer Ware im eigenen Land kontrollieren. Später gestatte Meißen, auch feinere Produkte zu fertigen. Zunächst produzierte man in Hubertusburg auf Vorrat und verkaufte die Ware 1771 zur Leipziger Michaelismesse mit gutem Erfolg. Besonders gefragt waren Hubertusburger Öfen.

Der Geheime Rat und Oberstallmeister Graf von Lindenau scheint der anfängliche Geldgeber Tännichs gewesen zu sein und fand Johann Gottfried Förster als Leiter der Farbik. Lindenau als nunmehriger Inspektor legte dem Landesherrn 1776 verbesserte Brände vor. Der Kurfürst fand Gefallen daran und übernahm die Manufaktur sogleich. Mit Lindenaus Ausscheiden genehmigte der Kurfürst den manufakturtauglichen Umbau weiterer Gebäude im Schlossareal. Die Direktion übernahm der Oberkammerherr Graf von Marcolini, der als Silberpage an den sächsischen Hof kam und einer der engsten Vertrauten des Kurfürsten wurde. Marcolini war von 1774 bis 1814 gleichzeitig Generaldirektor der Porzellanmanufaktur Meißen.

Britische Konkurrenz und Auswirkungen der Kontinentalsperre

Steingut um 1800
mit gefälschter Marke
„Wedgwood“, Museum
Mutzschen; Foto: M. John

Im Jahr 1776 begann damit in der Hubertusburger Fabrikation ein neuer Abschnitt. In England hatte 1720 der Töpfer Astbury das Steingut erfunden und sein Landsmann Wedgwood verbesserte es um 1750 weiter. Das englische Steingut kam in Dichte und Härte dem Porzellan sehr nahe und verdrängte bald europäische Keramik. Nur sehr wenige Fayencefabriken konnten sich noch behaupten; meist nur durch Fliesenerzeugung und die Umstellung auf Steingut, so auch die Hubertusburger Werkstätten 1776. Wedgwood stellte u. a. ein Fabrikat mit der Bezeichnung Queenware her. Dieses Erzeugnis begann man nun in Hubertusburg zu kopieren. Um 1800 Zeit fanden dadurch bis zu hundert Personen Beschäftigung. Hubertusburger Erzeugnisse verdrängten mehr und mehr das englische Steingut und andere Geschirre

1799 wurde der Betrieb erweitert. In der Zeit der Napoleonischen Herrschaft mag sich auch die gegen England gerichtete Kontinentalsperre günstig für den Absatz der Hubertusburger ausgewirkt haben, verkauften sie doch (unter gefälschtem Namen!) rares „englisches” Steingut im In- und Ausland. Bei der Suche nach geeigneten Rohstoffen wurde man 1780 in dem nahen Pommlitz fündig. Ab 1814 erschloss man weitere Fundorte bei Neusornzig, Mahlis, Mutzschen, Glossen  und in Kemmlitz. Die Hubertusburger Manufaktur war der Schlüssel und Treiber zum Abbau der Kaolinvorkommen des heutigen Kemmlitzer Kaolinreviers bis in die heutige Zeit.

Nach Aufhebung der Kontinentalsperre war ab 1815 ein merklicher Absatzrückgang zu verzeichnen. 1814 war Marcolini gestorben. Förster war alt und krank. Während der Befreiungskriege hatten die Verbündeten das Land Sachsen dem Kaiserlichen Russischen Generalgouvernement unterstellt und dieses übertrug die Verwaltung direkt der Meißner Porzellanmanufaktur. Nachdem Kurfürst Friedrich August wieder als sächsischer König eingesetzt war, drückte man ab 1817 auch die Marke „K. S. St. F. H.“ – Königl. Sächs. Steingutfabrik Hubertusburg ein. Der König beschloss, die Steingutfabrikation jetzt auf eigene Rechnung fortzusetzen. Man verwendete neue Grundstoffe, um die Glasur und Festigkeit zu verbessern. Der Meißner Malervorsteher Keting fertigte Entwürfe für Hubertusburg an. Man versuchte sich im Kupfer- und Steindruck und später in einer bescheidenen Emaillemalerei.

Das alles kam aber zu spät für den wirtschaftlichen Erhalt der Wermsdorfer Manufaktur. Die Hauptursachen waren wohl die Aufhebung der Kontinentalsperre und neu erstandene Fabriken in Colditz, Rochlitz, Dresden, Pirna und Steyermühle bei Nossen. England und die thüringischen Manufakturen holten mit Billigwaren den Markt zurück. 1848 schlossen die Werkstätten Hubertusburg endgültig ihre Pforten.

Auszug aus: Geopark-Broschüre „Schätze aus Vulkanen“ (2020): Manfred John